Dieses Beispiel befindet sich noch in Bearbeitung. Es handelt sich um ein vorläufiges Ergebnis.
Softwarehersteller | Software-Programm | Versionsnummer |
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Prof. Pauli, Hochschule Darmstadt | STABET | 2020 |
3.1.1 Allgemeines - STABET
Der Nachweis der Kippstabilität wird mit STABET, einem räumlichen Stabwerksprogramm zur Berechnung der Biege-, Torsions- und Normalkraft-Verformungen nach Theorie II. Ordnung unter Berücksichtigung des physikalisch nichtlinearen Materialverhaltens von Beton und Stahl geführt.
Das Programm wurde im Rahmen eines Forschungsvorhabens "Versuche zur Kippstabilität an praxisgerechten Fertigteilträgern aus Stahlbeton und Spannbeton" [3] entwickelt und zur Nachrechnung der durchgeführten Versuche eingesetzt. Inzwischen wurde die Funktionalität des Programms erheblich erweitert. Wesentlich ist die Implementation eines neuen Ansatzes zur Berechnung der Torsionssteifigkeit unter Berücksichtigung des physikalisch nichtlinearen Materialverhaltens von Stahlbeton bzw. Spannbeton. Für das Pre-Processing wurde ein zusätzliches separates Modul KSS entwickelt mit dem im Vorlauf die Datengenerierung, die relevanten Nachweise für einen Spannbetonbinder sowie im Nachlauf das Post-Processing mit Hinblick auf die doppelte Buchführung unterstützt werden.
3.1.2 Materialparameter
Beton:
- C 50/60
- Materialsicherheit: γc = 1.35
- Mittelwert der Druckfestigkeit: fcm = 58 N/mm2
- Zugfestigkeit: fctm = 4.07 N/mm2
- Elastizitätsmodul: Ecm = 37278 N/mm2
- Schubmodul: Gcm = 15532 N/mm2
- Scheiteldehnung: εc1 = -2.46 ‰
- Bruchdehnung: εc1 = -3.5 ‰
- Zugdehnung: εc1 = 0.11 ‰
- Materialsicherheit: γc = 1.35
- Langzeitauswirkungen: αcc = 0.85

Bild 3.1.1: Spannungs-Dehnungs-Linien des Betons
Betonstahl:
- B 500B
- Zugfestigkeit: ftk = 540 N/mm2
- Fließgrenze: fyk = 500 N/mm2
- Elastizitätsmodul: Es = 200000 N/mm2
- Fließdehnung: εyk = 2.5 ‰
- Bruchdehnung: εud = 25 ‰
Spannstahl:
- St 1570/1770
- Zugfestigkeit: fpk = 1770 N/mm2
- 0.1 % Dehngrenze: fp0.1k = 1500 N/mm2
- Elastizitätsmodul: Ep = 195000 N/mm2
- Fließdehnung: εp0,1 = 7.69 ‰
- Bruchdehnung: εpud = 35 ‰
- Vordehnung im Spannbett: εp0 = 5.13 ‰
- sofortige Verluste infolge Kurzzeitrelaxation: 4 %
- zeitabhängige Verluste infolge Kriechen und Schwinden:
- bei x = 11.0 m -> 12.0 %
- bei x = 1.0 m -> 25.0 %
- Materialsicherheit: γp = 1.15
- Berücksichtigung der Vorspannung: γp,fav = 0.83
3.1.3 Materialsicherheiten
Der Nachweis im Grenzzustand der Tragfähigkeit wird quasi über die doppelte Buchführung geführt. Zur Berechnung der Schnittgrößen und Verformungen nach Theorie II. Ordnung wird die Spannungs-Dehnungs-Linie des Betons gemäß DIN EN 1992-1-1, Gl (3.14) angesetzt. Dabei wird γc = 1.35 und αcc = 1.0 verwendet. Der Betonstahl und der Spannstahl wird mit einer bilinearen Spannungs-Dehnungs-Linie gemäß DIN EN 1992-1-1, Bild 3.8 bzw. Bild 3.10 jeweils mit Berücksichtigung des ansteigenden Astes und einer Materialsicherheit von γs = 1.0 angesetzt. Für den Nachweis der Tragfähigkeit wird für den Beton das Parabel-Rechteck-Diagramm gemäß DIN EN 1992-1-1, Gl (3.17) mit γc = 1.35 und αcc = 0.85 verwendet und die Materialsicherheit für den Stahl mit γs = 1.15 angesetzt.
Tabelle 2.1: Zusammenstellung der Annahmen für die doppelte Buchführung
Nachweis |
Material |
γp,fav |
αcc |
γc / γs |
DIN EN 1991-1 |
Eigenschaft |
Verformungen |
Beton |
|
1.0 |
1.35 |
Bild 3.2, Gl. (3.14) |
Mittelwerte der Materialeigenschaften |
Stahl |
|
|
1.0 |
Bild 3.8 |
bilinear idealisiert [A] |
Spannstahl |
0.83 |
|
1.0 |
Bild 3.10 |
Tragfähigkeit |
Beton |
|
0.85 |
1.35 |
Bild 3.3, Gl. (3.17) |
Parabel-Rechteck |
Stahl |
|
|
1.15 |
Bild 3.8 |
bilinear idealisiert [B] |
Spannstahl |
1.0 |
|
1.15 |
Bild 3.10 |
3.1.4 Geometrische Imperfektionen
Gemäß DIN EN 1992-1-1, 5.9 (2) wird eine parabolisch verlaufende seitliche Auslenkung von ei = L0/300 = 100 mm als geometrische Imperfektion berücksichtigt. Zusätzlich wird diese Auslenkung um einen Anteil infolge Kriechen von eφ = 40 mm vergrößert. Die Vergrößerung infolge Kriechen wurde durch eine Vorabberechnung mit der quasi-ständigen Einwirkungskombination und einer mit dem Kriechbeiwert φ = 1.56 modifizierten Spannungs-Dehnungslinie-Linie des Betons ermittelt. Es wurde davon ausgegangen, dass die Kriechverformungen sich erst nach der Montage und dem Aufbringen der des zusätzlichen Eigengewichts einstellen.

Bild 3.1.2: Geometrische Imperfektionen vergrößert um den Anteil infolge Kriechen
3.1.5 Nachweis im Grenzzustand der Tragfähigkeit
Als maßgebende Kombination wird für den Grenzzustand der Tragfähigkeit mit 1.35*(Gk + ΔGk)+ 0.83*P(t=∞) + 1.5*Qk,s + 1.5*0.6*Qk,w angesetzt. Der Nachweis erfolgt zum Zeitpunkt t = ∞, das bedeutet, dass bei der Vorspannung die Verluste infolge Kriechen, Schwinden und Relaxation im vollen Umfang berücksichtigt werden. Die Nachweise für Transport und Montage haben sich als nicht bemessungsrelevant erwiesen.
3.1.5.1 Torsion
Das aufnehmbare Torsionsmoment wird als Torsionsrissmoment nach [4] ermittelt. Die maßgebende Stelle befindet sich an den Gabellagern. Der Nachweis wird bei x = 1.0 m geführt. Die Rissbildung tritt ein, sobald die den Torsionsschubspannungen entsprechenden Hauptzugspannungen die Zugfestigkeit des Betons erreichen. Damit ergibt sich für eine reine Torsionsbeanspruchung:

Für Spannbeton oder bei Bauteilen mit einer zusätzlichen Druckspannung σx < 0 folgt aus der Betrachtung des Mohr'schen Spannungskreises:


Bild 3.1.3: Links Torsionsspannungen infolge Mt = 1000 kNm, rechts gemittelte Werte

Bild 3.1.4 Betonspannungen infolge Vorspannung
Mit dem Querschnitt bei x = 1.0 m ergibt sich für ein Torsionsmoment von 1000 kNm eine über den Steg gemittelte Torsionsspannung von 55.5 N/mm2 und infolge Vorspannung eine Normalspannung im Schwerpunkt von -6.58 N/mm2. Mit Berücksichtigung der Kriech-, Schwind- und Relaxationsverluste von 25.0 % und der Vorspannsicherheit von γp,fav = 0.83 ergibt sich das Torsionsrissmoment zu:

3.1.5.2 Zweiachsige Biegung
Infolge der geometrischen Imperfektionen und der daraus resultierenden Querschnittsverdrehungen stellt sich bei einer Schnittgrößenermittlung am verformten System zweiachsige Biegung ein. Damit ist im Grenzzustand der Tragfähigkeit sicher zu stellen, dass eine Kombination aus der Hauptbiegung mit My,Ed und einem zugehörigen Mz,Ed aufgenommen werden kann.

Bild 3.1.5 Dehnungsebene und Spannungen bei x = 11.0 m im Grenzzustand der Tragfähigkeit (Grenzdehnungen sind eingehalten)
3.1.5.3 Steifigkeiten
Die Normalkraft-, Biege- und Torsionssteifigkeiten werden am gerissenen Querschnitt im Zustand II ermittelt. In Bild 3.1.6 ist die Spannungs-Dehnungs-Situation im Schnitt x = 11.0 m dargestellt. Die einwirkenden Schnittgrößen sind identisch zu denen in Bild 3.1.5. Die Unterschiede bi der Vorspannung ergeben sich infolge der Zusammenstellung aus Tabelle 3.1. Zusätzlich wurde über den Ansatz der Betonzugfestigkeit eine Mitwirkung des Betons zwischen den Rissen berücksichtigt.

Bild 3.1.6: Dehnungsebene und Spannungen bei x = 11.0 m mit den Mittelwerten der Baustoffeigenschaften
Die rechnerisch wirksame Torsionssteifigkeit wurde ebenfalls im Zustand II für den gerissen Querschnitt ermittelt. Dazu wurde das Torsionsträgheitsmoment der Druckzone mit einem integral gemittelten Schubmodul multipliziert, der sich aus der Sekantensteifigkeit über die Spannungen und Dehnungen ableitet.

Zusätzlich ist kII ein Faktor eingeführt, mit dem der Steifigkeitsabfall infolge oberflächennaher Mikrorisse erfasst werden soll. In [3] wurde empfohlen eine reduzierte Torsionssteifigkeit von 60 % bei Spannbeton und 80 % bei schlaff bewehrten Trägern anzusetzen. Bild 3.1.7 stellt einen Ansatz mit einem linearisierten Übergang von einem überdrückten in einen gerissen Querschnitt dar. Dabei ist kA das Verhältnis der überdrückten Fläche bezogen auf die gesamte Querschnittsfläche.
Bild 3.1.7: Berücksichtigung des Steifigkeitsabfalls infolge oberflächennaher Mikrorisse
Für die Dehnungsebene in Bild 2.6 ergibt sich beispielhaft folgende Zahlenrechnung:
- Verhältnis der überdrücken Fläche bezogen auf die gesamte Querschnittsfläche: kA ≈ 0.4
- Sekantenmodul gemittelt über den ungerissenen Querschnitt: Ec,sek ≈ 25000 N/mm2
- Torsionsträgheitsmoment der ungerissenen Querschnittsfläche: It ≈ 0.0025 m4

3.1.6 Berechnungen
Die Ergebnisse sind in drei unterschiedlichen PDF-Ausdrücken erfasst und können getrennt heruntergeladen werden:
- Nachweise Spannbetonbinder
- Räumliche Stabwerksberechnung
- Nachweise doppelte Buchführung
Die Berechnung erfolgt in zwei bzw. drei Schritten. Im ersten Schritt werden mit KSS der Spannbetonbinder mit der Geometrie, den Einwirkungen und allen Grundeingaben erfasst und die Nachweise für GZT und GZG gemäs DIN EN 1992-1-1/NA geführt. Dieser Schritt ist quasi identisch mit Beispiel 0031-D-DBV-AK Software-Spannbetonbinder mit sofortigen Verbund nach DIN EN 1992-1-1 mit NA. In Vorbereitung für den zweiten Schritt werden von KSS die Daten für eine räumliche Stabwerksberechnung mit STABET erzeugt. Hierbei werden die Kriech- und Schwindberechnung, die daraus resultierenden Vordehnungen für den Spannstahl und die maßgebende Lastkombination übernommen. Mit STABET erfolgt dann eine Berechnung nach Theorie II. Ordnung mit Berücksichtigung des nichtlinearen Materialverhaltens. Es kann eine Traglastermittlung in der Form vorgenommen werden, dass in mehreren Schritten die definierte Lastkombination global gesteigert wird bis die Stabilitätslast erreicht ist. Um eine ausreichende Systemtragfähigkeit nachzuweisen, muss die globale Laststeigerung größer gleich 1.0 sein. Anschließend ist zusätzlich die Überprüfung der Querschnittstragfähigkeit erforderlich (doppelte Buchführung). Dieser Schritt wird idealerweise für die maßgebende Kombination ohne weitere Laststeigerung durchgeführt.
3.1.6.1 Traglastberechnung
Die Traglastkurve wird für die Kombination 0.83*P(t=∞) + Faktor *(1.35*(Gk + ΔGk) + 1.5*Qk,s + 1.5*0.6*Qk,w) geführt. Zusätzlich wird eine geometrische Imperfektion von ei = L/300 = 100 mm und eine Kriechvorverformung von eφ = 40 mm berücksichtigt. Die in Bild 3.1.1 dargestellt Traglastkurve zeigt, dass mit einem Traglastfaktor von 1.125 die kritische Systemtragfähigkeit erreicht ist. Mit uy ist die horizontale Verformung des Obergurtes in Feldmitte dargstellt.

Bild 3.1.1: Traglastkurve
3.1.6.2 Bemessungsschnittgrößen
Die in Tabelle 3.1.1 zusammengestellten Schnittgrößen sind am verformten System für die Kombination 0.83*P(t=∞) + 1.0*(1.35*(Gk + ΔGk) + 1.5*Qk,s + 1.5*0.6*Qk,w) ermittelt. Sie entsprechen den Bemessungsschnittgrößen an den maßgebenden Nachweisstellen (Torsion in Auflagernähe, X = 1.0 m und zweiachsige Biegung am kritischen Schnitt im Feldbereich, X = 11.0 m).
Tabelle 3.1.1: Schnittgrößen am verformten System
X |
P0(t=∞)
[kN] |
Mt,Ed
[kNm] |
My,Ed
[kNm] |
Mz,Ed
[kNm] |
1.0 |
1478.1 |
91.1 |
472.1 |
~ 0 |
11.0 |
1728.6 |
43.3 |
3493.6 |
-99.2 |
P0(t=∞) ist die Spannbettkraft zum Zeitpunkt t = ∞
3.1.6.3 Tragfähigkeitsnachweis
Für den Tragfähigkeitsnachweis darf der Teilsicherheitsbeiwert für die Vorspannung mit γp = 1.0 angenommen werden. Damit wird die Tragfähigkeit für die Kombination 1.0*P(t=∞) + 1.0*(1.35*(Gk + ΔGk) + 1.5*Qk,s + 1.5*0.6*Qk,w) nachgewiesen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 3.1.2 zusammengefasst und die Ausnutzung zeigt in Verbindung mit Tabelle 3.1.1, dass die einwirkenden Schnittgrößen kleiner als die aufnehmbaren Schnittgrößen sind.
Tabelle 3.1.2: Tragfähigkeit für Torsion und zweiachsige Biegung
|
Torsion |
zweiachsige Biegung |
X |
Mt,cr
[kNm] |
Ed/Rd |
My,Rd
[kNm] |
Mz,Rd
[kNm] |
Ed/Rd |
1.0 |
105.2 |
0.87 |
- |
- |
- |
11.0 |
- |
- |
3803.2 |
-107.9 |
0.92 |
3.1.6.4 Vereinfachter Kippnachweis
Mit dem Modul KSS lässt sich zusätzlich ein vereinfachter Kippnachweise nach [2] führen. Für das vorliegende Beispiel kann dieser jedoch nicht mit ausreichender Sicherheit erbracht werden. Damit ist der erhöhte Aufwand für den genaueren Nachweis in diesem Fall gerechtfertigt.