0038-D-DBV-AK Software-Spannbetonbinder mit sofortigem Verbund nach DIN EN 1992-1-1 mit NA, Teil 2: Nachweis der Kippstabilität
Walter Pauli | Walter Pauli | Roland SauerD0 Klassifikation
Klasse | Normenbasiertes Verifikationsbeispiel |
---|---|
Tragwerkstyp | räumliches Tragwerk, Stabtragwerk-Balken |
Mechanik | Statik-Theorie II. Ordnung, Statik-geometrisch nichtlinear |
Materialgesetz | multilinear-elastisch |
Baustoff | Beton, Stahlbeton, Spannbeton |
Nachweisformat | Schnittgrößenermittlung, Stabilitätsnachweis, Tragfähigkeitsnachweis (GZT) |
Norm | DIN EN 1992 |
Status |
veröffentlicht am 28.03.2022 |
D1 Problembeschreibung
D1 Problembeschreibung
D1.1 Aufgabenstellung
Für einen im Spannbett vorgespannten Dachbinder wird der Kippnachweis im Grenzzustand der Tragfähigkeit GZT geführt. Grundlage des Nachweises ist DIN EN 1992-1-1 mit dem nationalen Anhang DIN EN 1992-1-1/NA.
Das Beispiel ist in [1] ausführlich behandelt und stellt eine Fortsetzung zu dem Beispiel „0031-D-DBV-AK Software-Spannbetonbinder mit sofortigen Verbund nach DIN EN 1992-1-1 mit NA“ dar. Die Systemangaben und die Belastungen sind identisch, wobei sich dieses Beispiel auf den Nachweis der Kippstabilität konzentriert.
D1.2 Theoretische Grundlagen
Der Nachweis erfolgt am verformten System mit einer geometrisch und physikalisch nichtlinearen Berechnung. Folgende Effekte werden berücksichtig:
- geometrische Imperfektionen und Kriechverformungen
- Lasteinleitung der Dachlasten am Obergurt
- Verdrehungen um den Schubmittelpunkt
- reduzierte Biege- und Torsionssteifigkeit infolge Rissbildung
D1.3 System
- Spannweite: L0 = 30.00 m
- Trägerlänge: Lges = 30.30 m
- Trägerhöhe am Auflager: h0 = 0.95 m
- Trägerhöhe in Feldmitte: hm = 1.70 m
- Montageanker ab Trägeranfang/ende: LM = 3.75 m
- Transport Trägeranfang/ende: Lli = 2.00 m, Lre = 5.50 m
D1.4 Querschnitte
D1.5 Material
Beton
- C 50/60
- Zement Klasse R
- reduzierter Teilsicherheitsbeiwert γc = 1.35
Betonstahl
- B 500B
Spannstahl
- St 1570/1770
- 7-Draht Litze, sehr niedrige Relaxation
- Wärmebehandlung im Spannbett: T = 60° C
- Nenndurchmesser Litze: ϕp = 12.5 mm
- Nennquerschnitt je Litze: Ap = 0.93 mm2
- Vorspannung je Litze: σp,0(0) = 1000 N/mm2
- sofortige Verluste infolge Kurzeitrelaxation 4 %
D1.6 Randbedingungen für Kriechen, Schwinden und Relaxation
Lagerung:
- Lösen der Verankerung nach t0 = 1 Tag, schrittweises Absetzen der Spannkraft
zul σc(t) = 0.7 fck(t0) wird vom Fertigteilhersteller garantiert - 50 % relative Luftfeuchtigkeit während der Lagerung
Transport und Montage:
- Transport des Binders nach tT = 10 Tage
- Montage des Binders nach tM = 11 Tage
Nutzung:
- Aufbringen der Zusatzlasten nach t1 = 21 Tage
- Innenbauteil mit 50 % relativer Luftfeuchte
- Expositionsklasse XC1
D1.7 Bewehrung
Betonstahl:
- Obergurt: 4 ø 20 = 12.56 cm2, Achsabstand d1 = 35 mm
- Untergurt: 2 ø 16 = 4.02 cm2, Achsabstand d1 = 35 mm
Spannstahl:
- 22 Litzen = 20.45 cm2, Abstand zum unteren Rand d1 = 85 mm, untereinander 38 mm
D1.8 Einwirkungen
- Eigengewicht Trägeranfang/ende: gk,a = 6.5 kN/m, Trägermitte: gk,m = 10.0 kN/m
- zusätzliches Eigengewicht: Δgk = 10.8 kN/m
- Schnee: qk,s = 4.3 kN/m
- Winddruck: qk,w = 0.61 kN/m
- Wind horizontal: qk,wh = 0.33 kN/m
Als Lastangriffspunkt wird für das zusätzliche Eigengewicht, den Schnee und den Winddruck der Obergurt des Binders angesetzt. Das Eigenwicht und die horizontale Windlast greifen in der Schwerachse an. Die horizontale Windlast ist in dem fertig gestellten System nicht mehr vorhanden.
D1.9 Imperfektionen
- ungewollte Imperfektionen ei = L0/300 = 100 mm gemäß DIN EN 1992-1-1, 5.9
- zusätzlich infolge Kriecheinfluss: eφ = 40 mm
Die Imperfektionen werden als seitliche Auslenkung mit einem parabolischen bzw. sinusförmigen Verlauf angesetzt.
Alternativ kann nach [2] eine Vorverformung von L0/500 zuzüglich einer Querschnittsverdrehung von 0.75 % angesetzt werden. Der Einfluss des Kriechens ist zusätzlich zu berücksichtigen. Dieser Ansatz wird hier jedoch nicht weiterverfolgt.
D1.10 Nachweis der Kippstabilität
Der Nachweis der Kippstabilität ist für vier Zeitpunkte zu führen.
Zeitpunkt | Lagerung | Kombination | |
---|---|---|---|
Transport | 10 | Transportlagerung | 1.15*1.3*Gk + 0.83*P(t=10) + 1.15*1.3*Qk,wh |
Montage | 11 | Montagelagerung | 1.15*1.3*Gk + 0.83*P(t=11) + 1.15*1.3*Qk,wh |
Einbauzustand | 21 | Gabellagerung | 1.35*Gk + 0.83*P(t=21) + 1.5*Qk,wh |
Endzustand | ∞ | Gabellagerung | 1.35*(Gk + ΔGk)+ 0.83*P(t=∞) + 1.5*Qk,s + 1.5*0.6*Qk,w |
Gemäß DIN EN 1992-1-1/NA, NDP zu 2.4.2.2 (2) ist bei der Schnittgrößenermittlung mit nichtlinearen Verfahren die Vorspannung mit γp,fav = 0.83 bzw. γp,unfav = 1.2 zu berücksichtigen.
D5 Referenzen
[1] Tillmann, M., Spannbetonbinder nach Eurocode 2, Bemessung - Erläuterungen - Checkliste, Fachvereinigung Deutscher Betonfertigteilbau e.V., 2015, 2. Auflage.
[2] König, G., Pauli, W., Nachweis der Kippstabilität von schlanken Fertigteilträgern aus Stahlbeton und Spannbeton, in: Beton- und Stahlbeton Heft 5, Heft 5 (1992).
[3] Pauli, W., Versuche zur Kippstabilität an praxisgerechten Fertigteilträgern aus Stahlbeton und Spannbeton, Darmstadt: Dissertation D 17 1990.
[4] Zedler, T., Zum Tragverhalten von Stahlbeton- und Spannbetonbalken unter Torsion, Ruhr Universität Bochum: Dissertation 2011.